Mit Klassentreffen ist das ja immer so eine Sache. Man bekommt die Einladung, will nicht hingehen, weil man die Pappnasen eigentlich gar nicht mehr sehen will, tut es dann aber doch. Es ist ein bisschen so wie bei einem Unfall: Man will nicht hinsehen, kann aber nicht anders. Und meistens wird es dann ja auch besser als zunächst befürchtet!
Die letzte “Final Studio M Revival Party” im Oktober war dann auch genauso ein Klassentreffen – aber eines der angenehmen Art…
Die legendäre Mindener Discothek am Schwanenteich war eine Institution und hat den Musikgeschmack einer ganzen Generation geprägt. Meinen ersten Besuch im damals noch “alten” Studio M an der Lindenstraße werde ich niemals vergessen. Ich war erst sechzehn, Freunde haben mich reingeschmuggelt, weil sie den Türsteher kannten. Als sich der schwere Stoffvorhang hinter dem Einlass öffnete, war es um mich geschehen. Es lief gerade “Rapper’s Delight” von der Sugarhill Gang und der ganze Laden war zum Bersten voll. John Travolta hatte gerade mit “Saturday Night Fever” das Discofieber ausgelöst, und hier erreichte es für mich seinen Höhepunkt. Das alte “M” habe ich nur zweimal erlebt, aber 1981 eröffnete dann das “neue” Studio M an der Tonhallenstraße – bei der Eröffnung war ich natürlich dabei. Der symbolische, riesige Schlüssel wurde mit einem Hubschrauber eingeflogen und an Eigentümer Horst-Dieter Wehking überreicht. Danach war das Mindener Nachtleben ein Anderes. Natürlich wurden meine Freunde und ich Stammgäste und wir verbrachten fast jeden Abend in der Woche im “M“.
Einmal begrüßte ich sehr überschwänglich einen Freund, den ich damals lange nicht gesehen hatte. Geschäftsführer Speedy dachte, dass wir uns prügeln wollten und schmiss uns raus. Auf Nachfrage am nächsten Abend bekam ich die Antwort: “Hausverbot auf Lebenszeit!” Eine Freundin versuchte noch zu intervenieren, aber es half Nichts. Ich war raus! Ich fiel in ein tiefes Loch und war todunglücklich. Klar, war ich doch unsterblich verliebt in Go-Go-Girl Kirsten! Sie tanzte fast jeden Abend in weißen High Heels auf dem Podest direkt an der Amerikanischen Tunneltanzfläche und ich befürchtete, sie niemals wiederzusehen…
Nun ja, ich war süße achtzehn, schwer verliebt – und natürlich kam alles ganz anders.
Viele Jahre später – das Studio M war lange Geschichte – fragte ich Horst-Dieter Wehking, ob er einverstanden wäre, wenn wir eine “Studio M Revival Party” veranstalten würden. Er war einverstanden und so präsentierte das stadtgeflüster 1999 die erste “Studio M Revival Hoffete” auf dem Parkplatz vor der ehemaligen Kultdisco, die jetzt ein Steakhaus war – ein phänomenaler Erfolg! Später folgten einige grandiose Revival-Partys im Mindener Victoria Hotel – ebenfalls legendär.
Und auch die – zumindest von unserer Seite als Veranstalter – letzte, “Final Studio M Revival Party” war ein echtes Highlight im mittlerweile ziemlich brachliegenden Mindener Nachtleben und nach vierunddreißig Jahren die allererste Revival-Party in den ehemaligen Räumen der Disco. Aber: Irgendwann ist es gut. Man muss es nicht wie ein mittlerweile leider gebrechlich gewordener Phil Collins auf die Spitze treiben und seine letzten Konzerte sitzend auf dem Barhocker absolvieren…
Wie hat eine gute Freundin von mir sogar auf ihrem Arm tätowiert: “Omnia tempus habent” – Alles hat seine Zeit…
Herzlichst, wo immer Ihr seid
Elke Siedentopf & Dirk Sork